Hier geht es zum Programm "Meditieren & Helfen: Tatkräftige Mithilfe im Klosteralltag".
„Und du? Wie ist es?“ fragt mich ein Freund über WhatsApp. Ich bin seit 3 Wochen als Helferin im Johanneshof und finde es schwierig, diese Frage zu beantworten, auch wenn ich so gut verstehe, dass er und andere Freunde sie stellen und ich mich über ihr Interesse freue. „Gut, dicht, intensiv, manchmal nicht einfach und dabei sehr wertvoll.“ ist meine Antwort.
Als im Oktober letzten Jahres im Newsletter die Frage stand, ob es Sangha-Helfer*innen gibt, die in der Zeit von Januar bis Mai hier im Johanneshof unterstützen würden, kam direkt der Wunsch in mir auf, das zu tun. Ich war gerade aus dem 5 Tage Sesshin mit Tatsugen Ravi Welch Sensei zurückgekommenund so dankbar für diese Zeit. Ich wollte gerne was zurückgeben und hatte auch den Wunsch, mehr in der Sangha anzudocken und mehr in die Praxis einzutauchen.
So kam es, dass ich den ganzen Februar an diesem wunderbaren Praxisort, mit so besonderen Menschen verbracht habe.
Die Erfahrung ist vielschichtig.
Wir haben eine feste Tagesstruktur, die mit gemeinsamen ZaZen beginnt und endet. Arbeitspläne, zwei Arbeitstreffen pro Tag, in denen die Aufgaben verteilt werden. Meine Absicht, die mit dem Entschluss hierher zukommen einherging, war, mich einzulassen.
Das zu tun, was zu tun ist. Die Praxis sich in meinem Tun entfalten zu lassen (eine anspruchsvolle Übung, finde ich), wenn ich in der Küche arbeite, Bäder und Toiletten putze, Wäsche mangle, Kuchen backe, in der Pause spazieren gehe usw. „Zen beginnt jederzeit“, fällt mir ein. Immer wieder ein Neubeginn.
Eine Konstante in den 4 Wochen ist für mich das morgendliche Kochen und Servieren des Oryoki Frühstücks. Sasha und ich schwingen uns dabei immer mehr ein, in unseren Bewegungen entsteht mit der Zeit Gleichklang. Ich erlebe, wie Fragen aus meinem Körper heraus auftauchen, z.B. wenn ich anfange zu servieren, von der Mitte, der gemeinsamen Verbeugung kommend, bleibe ich gleich vor Doan und Doshi stehen oder gehe ich erst die paar Schritte über den Tisch hinaus, um mich dann umzudrehen und diesen Raum „neu“ zu betreten? Spannend, jenseits von richtig und falsch dem Körper zu lauschen und mich zu öffnen für das, was im gemeinsamen Feld entsteht. Und auch hilfreich, mich dann mit Dieter oder Beate auszutauschen und allmählich etwas vertrauter mit dieser komplexen Praxis zu werden.
Ich erlebe den Johanneshof erstmalig als Helferin und bekomme ein anderes Gefühl dafür, was es heißt, wenn Gäste und Seminargruppen da sind. Zweimal ist es in diesen vier Wochen im Haus richtig voll – das Treffen der langjährigen Sangha-Mitglieder findet statt, und Tatsugen Ravi Sensei gibt ein Seminar, bleibt danach noch ein paar Tage und hat Zeit für Gespräche. Gäste sind fast durchgängig da. Die Energie, das Feld verändert sich mit jeder Person, die kommt und geht. Manchmal ein Austausch, zuhören, eine gemeinsame Aktivität vielleicht, ein sich einlassen, in Begegnung sein und dann wieder loslassen.
Und manchmal reibt’s. Wenn viel zu tun ist, kann die Anspannung steigen. Verschiedene Menschen, viele Konditionierungen, mannigfaltige Beziehungsgeflechte, in denen ich mich schon mal verirren kann. Und dann? Spüren, den Gefühlen Raum geben, atmen, reflektieren – vielleicht bei einem Spaziergang in der Natur, die in ihrer Vielfalt mein Inneres reflektiert. Es erstmal zulassen und anerkennen. Manchmal gar nicht so leicht. Daraus kann ein nächster Schritt entstehen – vielleicht eine Entschuldigung, ein klärendes Wort, Abstand, ein freundlicher Blick – oder auch nichts.
Ich genieße es, dass zu unserer Wochenstruktur auch Vorträge und Praxisaustausch gehören. Das gemeinsame Anliegen, unser Weg, die aus den Vorträgen entstehenden Impulse unterstützen mich, immer wieder zurückzufinden, die Praxis unter meinen Füßen zu spüren.
Die letzten Tage sind überschattet vom Krieg in der Ukraine. Ein Taubheitsgefühl in mir, ein nicht glauben wollen, Wortlosigkeit, Betroffenheit, Hilflosigkeit. Es tut mir wohl, dass Keizan Dieter Plempe Sensei seinen Vortrag mit Stille beginnt.
Die 4 Wochen vergehen schnell und langsam zugleich. Beim Abschied bin ich etwas traurig und auch voller Dankbarkeit für diesen Ort, für die gemeinsame Praxis, die Menschen, die meine Zeit im Johanneshof so reich gemacht haben.
Ich fahre wieder nach Wiesbaden. Eine Freundin hat mich noch gefragt, ob sie die Heizung in meiner Wohnung vorher aufdrehen soll. Ja bitte! Ich komme an und spüre die kalte Luft, die mir beim Aufschließen der Tür entgegenkommt. „Zendo-Feeling“ ist meine erste Assoziation und es steigt Freude in mir auf. Ich mache mir Tee und eine Wärmflasche, hülle mich in eine Wolldecke und spüre mich in dieser Umgebung. Am nächsten Tag wird die Gastherme repariert.
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