Die japanische Zeichen-Sprache hat etwas Märchenhaftes. Kleine Geschichten ranken sich um jedes Zeichen und lassen so ein Bedeutungsgewebe entstehen, das der Fantasie Raum bietet. Diese Ebenen schwingen im Verständnis immer mit. Alles Gesagte bekommt automatisch Tiefe und mitunter eine Unschärfe, die aber gleichzeitig auch Verständnisräume öffnet und so in den Zwischenräumen Genauigkeit schafft.
Deutsch dagegen ist sehr exakt. So war Deutsch lange auch von Philosophen unterschiedlicher Muttersprache, gerade wegen ihrer Genauigkeit, die bevorzugte Wahl für ihre Schriften. Diese beiden Sprachwelten treffen sehr deutlich bei unserem deutschen und japanischen Namen aufeinander:
Wir sind das Zen Buddhistische Zentrum Schwarzwald (ZBZS).
Wir sind aber auch ein Kloster in der japanischen Soto Zen Tradition und somit ein Tempel, wie buddhistische Klöster in Japan genannt werden, und haben deshalb auch einen japanischen Tempel-Namen. Dieser Name wird momentan eigentlich erst entdeckt, sobald man sich ins hauseigene W-Lan einloggen möchte. Dieses Schattendasein wird unserem Tempel-Namen nicht gerecht, darum stellen wir ihn hier explizit in den Mittelpunkt:
Genrin-Ji
gen: schwarz – Mysterium, okkult, tiefgründig
rin: kleiner Wald, Hain
ji: Tempel
Wir sind also der Schwarzwald Tempel. Die Bedeutungen von Genrin-Ji sind einerseits eine Ortsbeschreibung – was häufig auch in Japan vorkommt, wenn Tempel z.B. nach dem Berg benannt sind, bei dem sie stehen; andererseits gibt es aber auch zumindest eine weitere Bedeutungsebene, die doch ein gutes Stück poetischer klingt als ZBZS.
Schwarz hat hier auch die Bedeutung von tiefgründig; und der Wald an sich ist ein Symbol für Sangha. So ist im Chinesischen wie auch im Japanischen das Wort für Sangha zusammengesetzt aus Mönch und Wald: sorin (japanisch). Das Zeichen für Wald, eigentlich für einen kleinen Wald oder Hain, sind zwei Bäume die nebeneinander stehen; diese repräsentieren auch Sangha-Mitglieder.
„Ein Baum braucht einen ganzen Wald um zu lernen was es heißt ein Baum zu sein“
(Baker Roshi, Door Step Zen Seminar 2019)
Schließlich gibt es noch das Kanji oder japanische Schriftzeichen für Tempel: ji. Es setzt sich zusammen aus einem Zeichen für Erde und einem Längenmaß. Ursprünglich waren Tempel in Japan die einzigen die Sonnenuhren besaßen und so Zeit messen konnten.
Wir arbeiten mittlerweile mit Funkuhren und verlassen uns nicht mehr auf die Länge eines Räucherstäbchens für unsere Sitzperioden, oder den Atem während der Han geschlagen wird. Trotzdem weht die japanische Bedeutungsvielfalt weiterhin durch unsere Sangha. Besonders wenn Baker Roshi unsere deutsche Exaktheit in seinen Vorträgen mit selbst kreierten Begriffen herausfordert.